[Aktive Innenstadt] Fwd: Hambacher Forst: WDR löschte heiklen Beitrag über Laschet
Gernot Schubert
gernot.schubert at die-linke-koeln.de
Fri Feb 5 17:28:03 CET 2021
wer hätt's geahnt ;-)
-------- Weitergeleitete Nachricht --------
Betreff: Re: Hambacher Forst: WDR löschte heiklen Beitrag über Laschet
Datum: Fri, 5 Feb 2021 16:25:33 +0100
Von: Wiebke Witt via Kohlerunde_nrw <kohlerunde_nrw at listi.jpberlin.de>
Antwort an: kohlerunde_nrw at listi.jpberlin.de
An: kohlerunde at listi.jpberlin.de, Kohlerunde_nrw at listi.jpberlin.de
Kopie (CC): Wiebke Witt <wiebke at beyond-coal.eu>
Entschuldigt die vielen Mails - ich gelobe Besserung!
Hier auf jeden Fall der volle Beitrag.
*»Ich brauch einen Vorwand, ich wollte den Wald räumen« *
*WDR löschte heiklen Beitrag über Laschet *
Armin Laschet wettert gegen Aktivisten im Hambacher Forst. Ein
Hörfunkbeitrag darüber steht zweieinhalb Stunden in der ARD-Mediathek,
dann verschwindet er. Warum?
Von Susanne Götze und Annika Joeres
05.02.2021, 15.15 Uhr
Auf dem Video ist nicht viel zu sehen außer gut polierten Schuhen und
Autoreifen. Aber es ist etwas Interessantes zu hören, die unverkennbare
Stimme des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet.
Aktivisten haben ihn im Jahr 2019 nach einer CDU-Veranstaltung in Düren
abgefangen. Es geht um den Hambacher Forst, den Laschets Regierung 2018
räumen ließ. Der Energiekonzern RWE wollte den Wald roden lassen, um
Braunkohle abzubauen.
Ob er nachts noch ruhig schafen könne mit der Entscheidung, fragt eine
Frau in dem Video. Laschet wiegelt erst ab und redet sich dann in Rage.
»Ja, ich brauch auch einen Vorwand, sonst kann man doch nicht tätig
werden. Ich wollte den Wald räumen, ich wollte den Wald räumen.«
*Die Landesregierung hatte als offiziellen Grund für den Polizeieinsatz
*Verstöße gegen Brandschutzvorschriften angeführt. Im Spätsommer 2019
jedoch untermauerten veröffentlichte interne Gutachten den Verdacht,
dass dieses Argument nur vorgeschoben war. Laschet hatte dazu
geschwiegen – bis zu jenem verheerenden Satz in dem Video.
Der heimlich aufgenommene Film wurde WDR-Redakteur Jürgen Döschner
zugespielt, einem für seine investigativen Recherchen über Industrie-
und Energiepolitik bekannten und mit Preisen ausgezeichneten
Journalisten. Er sah offenbar politischen Sprengstoff in der Aufnahme
und verfasste einen Beitrag fürs Radio: »Hambacher Forst: Räumung
brauchte Vorwand«. Am 18. September 2019 um 17 Uhr wurde er in der
ARD-Audiothek veröffentlicht.
Doch zweieinhalb Stunden später nahm der WDR den Beitrag wieder von der
Seite – die Veröffentlichung im Radio und auf Tagesschau.de wurde
gestoppt. Aufmerksame Hörer beschwerten sich.
Der Sender reagierte mit einer Stellungnahme: Es sei aus »rechtlichen
Gründen« nicht möglich, den »Gesamtkontext der Situation zu zeigen, in
der die Aussage aufgenommen wurde«. Eine angemessene Einordnung des
Zitats sei damit schwierig. Auf Anfrage erklärt der WDR, dass die
Fachredaktion den Beitrag gestoppt habe, weil die Verwendung der
»illegalen Aufnahme nach rechtlicher Prüfung nicht infrage« gekommen
sei. Außerdem hätte die »einzelne Aussage des Ministerpräsidenten« als
unzulässige Verkürzung gelten können. Ein WDR-Justiziar hatte Döschner
hingegen vor Fertigstellung des Artikels »ein gewisses
Informationsinteresse« bescheinigt, die Äußerung Laschets zu
publizieren. Laut einer Mail, die dem SPIEGEL vorliegt, finden sich
»nicht so gewichtige Gesichtspunkte«, als dass ein Zitieren des
Ministerpräsidenten »grundsätzlich unzulässig wäre«.
Mit dem Vorfall befassten sich die Redakteurvertretung und der
Schlichtungsausschuss des WDR. Der kommt in einem internen Bericht zu
dem Schluss: Es handele sich um einen »Programmkonflikt« über einen
Beitrag, der »journalistisch einwandfrei war«. Das bedeutet: Der
Ausschuss hält die Absetzung des Beitrags weder journalistisch noch
juristisch für gerechtfertigt. Döschner wollte sich zu dem hausinternen
Konflikt nicht äußern.
*Eine Rolle bei der Entscheidung, den Beitrag zu stoppen,* spielte
offenbar WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn. In einer »Chronologie«,
die im Sender zu dem Vorfall zirkulierte, wird die Mail eines Kölner
Tagesschau.de-Redakteurs zitiert, in der es heißt: »Nach Rücksprache mit
unserem Informationsdirektor Jörg Schönenborn ... bitten wir Euch, das
Textangebot des Kollegen Döschner für Donnerstag 19.9., Sperrfrist 6.00
Uhr ›Räumung Hambacher Forst‹ linear und online nicht zu veröffentlichen.«
War die Entscheidung also rein redaktioneller Natur – oder war der
Eingriff politisch motiviert?
»Früher wäre dieser Beitrag beworben worden – heute wird er gestoppt«,
sagt eine WDR-Redakteurin. »Die Leitung will es sich nicht mit der
Landesregierung verscherzen – schließlich entscheiden die hinterher über
die Gebühren für die Öffentlich-Rechtlichen mit.«
Laschet kommt im WDR auffallend oft gut weg. Der Landesvater darf im
»Tatort« auftreten. Interviews mit ihm geraten manchmal so unkritisch,
dass sich der Journalist Friedrich Küppersbusch – früher selbst beim WDR
– über »sechs scharfe Fragen an Armin Laschet« in der WDR-Talkshow
»Kölner Treff« lustig gemacht hat. Beispielsweise über diese: »Sind Sie
deshalb der beste Kanzlerkandidat möglicherweise, weil Sie mehr abwägen
als andere?«
Die Düsseldorfer Landesregierung jedenfalls hat im neuen WDR-Gesetz
Gutes für die Anstalt bewirkt. Statt, wie einst beschlossen, die Werbung
im Hörfunk auf 60 Minuten zu reduzieren, darf der Sender weiterhin 75
Minuten lang werben – und das in zwei Programmen statt in einem.
»Landesrundfunkanstalt und Landesregierung haben sich gut eingerichtet
und arrangiert«, sagt Volker Lilienthal, Journalistikprofessor der
Universität Hamburg. In dieser harmonischen Beziehung würden
Journalisten wie Döschner offenbar als »Störenfriede« wahrgenommen.
Hat die NRW-Landesregierung selbst versucht, die Berichte zu stoppen?
Die Staatskanzlei erklärt auf SPIEGEL-Anfrage, es lägen »keine
Informationen« zu Gesprächen zwischen Landesregierung und WDR-Intendanz
am Tag vor der geplanten Veröffentlichung von Jürgen Döschner vor. Der
Austausch mit den Journalisten gehöre zum Alltag.
*Jürgen Döschner wurde mittlerweile zum Spartenkanal Cosmo versetzt.*
Früher sendete der WDR täglich ein bis zwei Beiträge von ihm, seit dem
unerwünschten Videovorfall ist seine Stimme nur noch selten zu hören,
Dienstreisen zu Recherchen wurden abgelehnt.
Der Schlichtungsausschuss forderte den Sender auf, für ihn eine
»angemessene redaktionelle Anbindung« zu finden; Döschner sei mit seinen
»anerkannten Kompetenzen im Bereich Energie und Umwelt« auch »im
Newsroom ein wertvoller Ansprechpartner und Autor«. WDR-Intendant Tom
Buhrow wollte dazu keine Stellung beziehen.
Wie Schönenborn auf den Journalismus aus seinem Haus blickt, zeigt eine
interne »Programmpost«. Darin fordert er seine Mitarbeiter auf, künftig
eine »Multiperspektivität« einzunehmen. Viele geäußerte Meinungen lägen
nicht unbedingt in der Mitte der Gesellschaft, heißt es in seiner Mail.
Als Beispiel wählt er das Kohlekraftwerk in Datteln, ein bis in die
Bundesregierung hinein umstrittenes Riesenprojekt. »Wo ist der
Kommentar, dass besser ein modernes Kohlekraftwerk wenig CO₂ ausstößt
als viele ältere Kraftwerke viel?«, fragt Schönenborn. Welcher Kommentar
erkenne an, dass die Bundesregierung ihren Klimazielen »viel näher
gekommen ist als erwartet«? Sein »Durst nach neuen, anderen Argumenten«
sei groß.
Am Fr., 5. Feb. 2021 um 16:18 Uhr schrieb Wiebke Witt
<wiebke at beyond-coal.eu <mailto:wiebke at beyond-coal.eu>>:
Wer vorher auf Twitter schaut, wird manchmal schlauer.
Hier ein Tweet der Autorin des Artikels dazu
https://twitter.com/AnnikaJoeres/status/1357699207390453761
<https://twitter.com/AnnikaJoeres/status/1357699207390453761>
Und ein Tweet vom CvD von SPON
https://twitter.com/JoLepp/status/1357694831372472320
<https://twitter.com/JoLepp/status/1357694831372472320>
Am Fr., 5. Feb. 2021 um 16:14 Uhr schrieb Wiebke Witt
<wiebke at beyond-coal.eu <mailto:wiebke at beyond-coal.eu>>:
Liebe Kohlerunde,
leider hinter der Paywall aber klingt als wäre das ein guter
Anlass, um auf die wenig rumreiche kohlepolitische Historie von
Armin Laschet hinzuweisen:
https://www.spiegel.de/wirtschaft/wdr-loescht-heiklen-beitrag-ueber-armin-laschet-ja-ich-brauch-einen-vorwand-a-00000000-0002-0001-0000-000175196819
<https://www.spiegel.de/wirtschaft/wdr-loescht-heiklen-beitrag-ueber-armin-laschet-ja-ich-brauch-einen-vorwand-a-00000000-0002-0001-0000-000175196819>
Herzliche Grüße
Wiebke
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